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Polo - die häufigsten Vorurteile



Polo - die häufigsten Vorurteile

Schampus und Schickimicki, Doping und Tierquälerei – keine andere Reitsportdisziplin hat mit so vielen Vorurteilen zu kämpfen wie das Polo. Daher lohnt sich vielleicht gerade jetzt - vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Reitsport – ein Blick auf den Mannschaftssport zu Pferde: Polo – was ist dran an den 10 häufigsten Vorurteilen?
Nr. 1: „Polo ist Tierquälerei“
Es gibt Reiter, die sind der Meinung, dass Polo grundsätzlich nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Ihre Begründung: Die Belastungen im Polo führten zu Schaden an Knochen und Sehnen und überforderten die Pferde. Der Tierschutzbeauftragte der Landeskommission Schleswig-Holstein und Fachtierarzt für Pferde, Dr. Karl Blobel, halt nichts von solchen Pauschalurteilen: „Jede Reitsportdisziplin muss gewisse Voraussetzungen erfüllen: Das sind vor allem eine fundierte reiterliche Ausbildung und ein gutes Wissen über das Lebewesen Pferd, sonst kann jede Disziplin in Tierquälerei ausarten. Sind aber diese Bedingungen erfüllt, dann ist Polo genauso viel oder wenig Tierquälerei wie das Springreiten oder die Vielseitigkeit.“
In den Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport heißt es daher auch: Ziel der Ausbildung und Nutzung von Pferden dürfen nur Leistungen, Verhaltens- und Bewegungsablaufe sein, die in der Tierart, der Rasse sowie im einzelnen Pferd von Natur aus angelegt sind. Daher werden im Polo Pferde eingesetzt, die auch für diesen Sport gezüchtet sind. Die größte Zucht befindet sich in Argentinien, einem Land, in dem Polo ein Publikumssport ist und aus dem die besten Polospieler der Welt stammen. Dort hat man das Rollo, das argentinische Landpferd, mit englischen Vollblutern gekreuzt. Mit der Raza Polo Argentina ist so eine Zucht mit Speed und Zähigkeit entstanden, wie geschaffen für das Polospiel. Und wenn sich Polospieler zuweilen Vorwurfe in Bezug auf den Umgang mit Gebiss, Sporen und Gerten anhören müssen, so kann diese Kritik in Einzelfallen durchaus berechtigt sein, nur sagt sie sagt eben nichts über den Polosport aus, sondern nur über einen schlechten Reiter – und die gibt es in jeder Disziplin.
Nr. 2: „Im Polosport gibt es keine Dopingrichtlinien“
Der Deutsche Poloverband hat sich in besonderer Weise zur Einhaltung der Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport verpflichtet. Darüber hinaus wurden 2005 noch „Zusätzliche tierschutzrechtliche Regelungen für den Polosport“ erlassen: So reagierten die Amtstierarzte auf die laut gewordene Kritik von Tierschutzen, die im Polosport übermäßiges Doping vermuteten. Trotz regelmäßiger Urin- und Blutproben ist übrigens in Deutschland noch nie ein Dopingfall aufgetaucht. Dr. Otto Horst vom Hamburger Veterinäramt bestätigt: „Wir nehmen regelmäßig Stichproben und haben nie etwas gefunden“. Ein Polospieler hat es übrigens einmal so ausgedruckt: „Wir spielen in der Regel für ein Handtuch und ein Duschgel.“ Soll heißen: Im Polosport gibt es weder großartige Preisgelder zu gewinnen, noch erhalten Spieler oder Mannschaften Sponsorengelder. Der Anreiz zum Dopen ist damit von vornherein wesentlich geringer als in den Sportarten, in denen es auch wirtschaftlich „um etwas geht“. Selbst der tragische Unfall im Polo-Spitzensport, bei dem im April in den USA 21 Pferde starben, lässt sich nicht auf Doping zurückführen. Die Pferde erhielten einen Nachbau des Aufbaupraparats Biodyl, das Vitamin B12, Selen und Chrom enthalt. Dabei wurde im Labor versehentlich die 10fache Dosis Selen beigefugt, was schließlich zum Tod der Tiere führte. Sicher eine unentschuldbare Schlamperei, aber kein Doping.
Nr. 3: „Polo ist nur was für Reiche“
Diese Wahrnehmung fuhrt zurück in die Zeit des „Dritten Reiches“, gezielt aufgebracht von den Nazis, um den weltoffenen und international aufgestellten Polosport mit seinen argentinischen Pferden, englischen Regeln und oft ausländischen, teils jüdischen Spielern und Sponsoren zu diskreditieren. Anders als die klassischen Disziplinen, die ebenfalls nicht zum Freizeit vergnügen der Arbeiterklasse gehörten, hat sich der Polosport von dieser Stigmatisierung lange nicht befreien können. Jagd-, Spring- und Dressurreiten war als Teil der deutschen Reitkultur, entwickelt aus der militärischen Reiterei, fest verwurzelt. Polo hingegen war 1939 eine noch vergleichsweise junge Sportart, deren vielversprechende Entwicklung in Deutschland ein jähes Ende fand. Da es dem Polosport im Vergleich an gewachsenen und gefestigten Strukturen fehlte – es gab nur wenige Clubs, keine eigene Zucht, keinen Verband etc. – hing der Wiederaufbau nach dem Krieg vom Engagement einiger weniger ab, die es sich leisten konnten, Pferde aus England zu kaufen und Land zu pachten, das gros genug für ein Polofeld war. Eine „Privatisierung“ also, die aus der Not geboren und von den Aktiven jener Zeit nicht gewollt war. Heute suchen Veranstalter bewusst den Weg aus der Nische und etablieren Polo neben den anderen Reitsportarten, und sie sind auf einem guten Weg: Die Anzahl an Clubs und Turnieren wachst, und im letzten Jahr fand zum ersten Mal die Polo-Europameisterschaft in Deutschland statt. Fazit: Ja, der Polosport in Deutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch das persönliche Engagement einiger Vermögender wieder belebt. Daraus zu schließen, Polo sei ein Sport nur für Reiche, wurde den historischen Umstanden nicht gerecht. Polo ist sicher kein billiges Vergnügen – keine Reitsportart kann das von sich behaupten. Aber ob man nun mit seinem Pferd ins Gelände geht oder auf den Poloplatz, das macht den sprichwörtlichen Kohl kaum fett.


Nr. 4: „Polo lernen – das geht nur mit Vitamin B“
Um mit dem Polospielen anzufangen oder es auszuprobieren muss man keinen Polospieler persönlich kennen und braucht auch anderweitig keine speziellen Kontakte. Fast alle der 27 Poloclubs in Deutschland bieten Unterricht und Einsteigerkurse an. Hier genügt ein Blick auf die Internetseite des Clubs oder ein Anruf, und schon kann man seine erste Polostunde buchen. Zu den Klassikern der Ausbildungszentren in Deutschland zahlen die Polo Academy des Polo Clubs Schleswig-Holstein, geleitet von Christopher Kirsch, dem Kapitän der deutschen Polo-Nationalmannschaft, oder etwa die El Condor Poloschule am Chiemsee. Besondere Angebote für Einsteiger halt darüber hinaus der Berliner Polo Club bereit.
Nr. 5: „Zum Polospielen benötigt man sechs Pferde“
Dieses Vorurteil halt sich besonders hartnackig, und es kann auch stimmen: Wenn man eine Karriere als Profispieler anstrebt. Schließlich bestreiten Ludger Beerbaum oder Isabell Werth die vielen Turniere auch nicht mit nur einem Pferd. Wem Polo als Hobby nicht ausreicht und wer regelmäßig Turniere spielen mochte, der benötigt mindestens zwei Pferde. Das Regelwerk gibt vor, dass ein Polopferd in einem Spiel nur für zwei Chukka eingesetzt werden darf. Diese dürfen nicht aufeinander folgen, so dass man mit zwei Pferden jeweils abwechselnd vier Chukka bestreiten kann. Die Investitionskosten für den Turniersport sind dementsprechend hoher als in der Freizeitreiterei.
Für den Polosport gilt also, was für alle Reitsportdisziplinen und jegliche Form des Leistungssport gilt: Je hoher die angestrebten sportlichen Ziele, desto tiefer muss man in die Tasche greifen. Ansonsten kann man auch mit einem Polopferd wunderbar seinem Hobby nachgehen.
Nr. 6: „Polospieler erhalten Top-Sponsorengelder“
In Deutschland ist man mit dieser Behauptung garantiert der Star in jedem Poloclub: Das wussten die Spieler nämlich sicher nur zu gerne, wo es denn diese legendaren Preisgelder gibt. Tatsachlich nämlich lassen sich hierzulande gesponserte Spieler an zwei Fingern abzahlen, denn Sponsorengelder von Banken, Vermögensverwaltungen, Champagnerherstellern, Immobilienmaklern oder Modehäusern werden dazu verwendet, die Kosten großer Turniere zu decken und so einen Wettkampfbetrieb auf gehobenem Niveau überhaupt erst zu ermöglichen. Bedeutet: Das Poloteam A spielt zwar mit dem Logo der Firma B auf den Shirts, aber Geld bekommen Team und Spieler dafür keineswegs. Mehr noch: In fast allen Fallen zahlen die Spieler Anreise, Unterbringung der Pferde, Hotels etc. sogar aus eigener Tasche.
Nr. 7: „Im Polo gibt es keine Nachwuchsförderung“
Bei diesem Vorurteil sträuben sich bei Dr. Ingeborg Schwenger-Holst die Nackenhaare – sie weis es schließlich besser. Seit 2003 organisiert die Präsidentin des Berliner Polo Clubs jedes Jahr ein Polo-Jugendcamp. „Mit 30 bis 40 Teilnehmern pro Camp wissen wir, dass es talentierte Nachwuchsspieler in Deutschland gibt. Und weil wir wissen, dass nicht alle Eltern selbst reiten oder Polo spielen, geschweige denn eigene Pferde besitzen, habe ich das Jugendcamp ins Leben gerufen“, erzählt Dr. Ingeborg Schwenger-Holst. Im Jugendcamp geht es nicht nur darum, das Spiel zu erlernen. Auf dem fünftägigen Programm stehen neben Übungs-Chukkas, Stick und Ball, Spieltaktik und Schlagtechnik, Regel- und Veterinärkunde sowie die Geschichte des Polosports. „Wir wollen bei den Jugendlichen ein Gefühl für Horsemanship wecken. Es ist wichtig, dass die jungen Spieler lernen, das Wesen des Pferdes zu verstehen und in der Lage sind, es selbstständig zu versorgen und darauf zu achten, dass es fair zugeht“, so die Initiatorin. Am Ende des Camps können die Kinder und Jugendlichen nicht nur die Platzreife oder den Schiedsrichtergrad C, sondern auch das deutsche Jugend-Polo-Abzeichen in Bronze, Silber oder Gold erwerben. Workshops für den Nachwuchs dieser Art gibt es darüber hinaus jedes Jahr auch in Hamburg und am Chiemsee (Infos siehe Kasten).
Nr. 8: „Polospieler wollen unter sich bleiben“
Die Hemmschwelle, am Wochenende ein Poloturnier zu besuchen, ist zuweilen hoch. Noch immer denken viele Menschen, dass man im Sonntagsstaat erscheinen muss – Ascot lässt grüssen. Richtig ist aber, dass Freizeitkleidung absolut ausreicht, und wenn es überhaupt einen Dresscode gibt, dann besteht dieser in halbwegs festem Schuhwerk, denn: In den Pausen werden die heraus gerittenen Grassoden beim so genannten Tread-In vom Publikum wieder eingetreten. Wer sich aber gern schick anziehen und einen Polotag bei hervorragendem Essen und Champagner genießen mochte, dem steht das VIPZelt offen. Ein Ticket inklusive Eintritt, Essen und Trinken kostet zwischen 100 und 220 Euro. Eintrittskarten für die so genannte „Public Area“ hingegen kosten selten mehr als 5 oder 6 Euro. Dafür kann man es sich entweder vor dem Clubhaus oder mit einer Decke auf dem Rasen und Picknickkorb gemütlich machen. Bratwurst, Pommes, Spanferkel, Eis, Bier oder Limonade kosten hier auch nicht mehr als auf anderen Sportveranstaltungen. Und über viele Zuschauer freut sich nicht nur der Veranstalter, sondern vor allem auch die Spieler, denn wer spielte nicht gerne vor großem Publikum?
Nr. 9: „Polopferde werden wie Sportgeräte behandelt“
Dieses Vorurteil hat seine Wurzeln in dem Umstand, dass diejenigen Spieler, die mehrere Pferde besitzen und viele Turniere spielen, meistens einen Pferdepfleger, den so genannten Groom, beschäftigen. Es heißt, die Spieler ließen sich die Pferde von fremder Hand reichen, die dann auch noch nebeneinander angebunden im Freien stehen und warten müssen, bis sie dran sind. Tatsachlich ist der Einsatz von Pferdepflegern im Turniersport nicht unüblich. Wer niemanden einstellen mochte oder kann, greift in der Regel auf den alt bewahrten „TT“ zurück, also den meist zur Familie gehörendenden Turniertrottel. Darüber hinaus ist das Warten ein Schicksal, das jedes Sportpferd ereilt. Einige stehen wahrend des Turnierwochenendes, besonders im Sommer, in aufgeheizten Stallzelten, andere verweilen zwischen den Prüfungen stundenlang auf dem Pferdehänger und das Polopferd steht an der Ponyline. Erstaunlicherweise regt diese Art der Unterbringung viele Tierschützer besonders auf, auch wenn niemand begründen kann, warum diese Form des Wartens weniger artgerecht sein soll als andere. Die meisten Polospieler lassen ihre Pferde circa eine Stunde vor Spielbeginn zum Turnierplatz bringen. Kurz vor Spielbeginn werden die Pferde gesattelt und an der Ponyline angebunden, an der die Grooms ihr Headquarter haben – es sind also immer Menschen in direkter Nahe der Pferde. Sobald das erste Chukka beendet ist, übernimmt der Groom das Pferd des Spielers und übergibt ihm ein zweites Pferd, das er in der Zwischenzeit warm geritten hat. Wahrend er das nächste Pferd warm reitet, wird das Pferd aus dem ersten Chukka an der Hand mitgeführt, damit es trocknet und sich der Puls normalisiert. So geht das bis zum Ende des Spiels. Anschließend werden die Pferde wieder aufgeladen und direkt nach dem Spiel zurück in den Stall gebracht. Maximal sind die Polopferde zweieinhalb Stunden auf dem Turniergelände, wahrend andere Pferde oft stundenlang zwischen den Prüfungen auf dem Hänger stehen (inklusive An- und Abreise) oder – schlimmer – Auf Pferdemessen in kleinen Boxen inmitten Hunderter Besucher der stickigen Halle stehen. Wie „lieb“ ein Reiter sein Pferd hat oder haben sollte, mag man unterschiedlich bewerten, aber die im Polo übliche Art, das Pferd wahrend des Turniers zu betreuen, scheint doch mit Abstand pferdefreundlicher zu sein als andere. Und wie gut die Beziehung zwischen Spieler und seinem Pferd wirklich ist, zeigt sich wie in allen Disziplinen auch am ehesten auf dem Platz.
Nr. 10: „Beim Polo trinken alle Champagner“
Bei den meisten großen Sportveranstaltungen gibt es einen Bereich, den die Sponsoren entweder für ihre Gäste oder für jene reservieren, die sich ein Ticket für diesen Bereich kaufen. Champagnerpyramiden sucht man allerdings auch hier meist vergeblich, und das „Posen“ mit der Magnumflasche auf dem Siegertreppchen gehört für den Turniergewinner beim Polo einfach dazu, genau so wie beispielsweise in der Formel 1.
Übrigens: Die Polospielerdichte nach dem Spiel ist am Bierstand immer dichter als an der Champagnerbar…
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